Neueste | Meistgesehene
Neueste | Meistgelesene




Drakeia – ein Märtyrerdorf im Pilion

  636 Wörter 2 Minuten 583 × gelesen
2021-12-10 2022-02-02 10.12.2021

Das Dorf Drákeia im Pílion liegt 17 km östlich von Vólos in einer Höhe von 500 Metern ü.d.M. Bei der letzten Volkszählung von 2011 hatte es 381 Einwohner. Das Dorf wurde im 15. Jahrhundert oder Anfang des 16. Jahrhunderts gegründet; die erste schriftliche Erwähnung des Dorfes datiert auf die Zeit zwischen 1520 und 1640. Die Einwohner von Drákeia sind hauptsächlich in der Landwirtschaft beschäftigt, in der Gegend gibt es viele Olivenbäume sowie Apfel- und Birnbäume. Das Dorf gliedert sich in zwei Ortsteile und hat entsprechend zwei Dorfplätze. Am Dorfplatz von Thysia mit der großen Platane und dem Brunnen steht die Kirche Agios Nikólaos. Sehenswert sind auch die Kirche Agios Spyrídonas mit ihrer feingearbeiteten Ikonenwand und die alten Herrenhäuser, wie z.B. das Herrenhaus von Triantáfyllos mit Wandmalereien aus dem 18. Jahrhundert, in dem heute ein Museum untergebracht ist.

 

Drakeia Pilion 0001
Das Dorf Drákeia im Pílion

Drákeia ist eines der mehr als 100 Märtyrerdörfer und -städte Griechenlands. Hier wurden während der deutschen Besatzungszeit von 1941-1944 118 Einwohner von den Deutschen umgebracht, von den 350 Häusern des Ortes wurden 58 zerstört.

Massaker von Drakia Denkmal 0001
Gedenkstätte für die Opfer des Massakers von Drakia

Nur fünf Tage nach dem Kriegsverbrechen in Kalávryta zeigten die deutschen Besatzer am 18. Dezember 1943 wieder ihr unmenschliches Gesicht. Am Vortag war eine deutsche Motorradstreife in der Nähe von Drákeia unterwegs. Griechische Andarten schossen auf die motorisierten Soldaten und töteten zwei von ihnen. Dem dritten gelang verwundet die Flucht nach Portariá und er informierte die deutsche Führung über den Angriff. Am Nachmittag desselben Tages waren Schüsse in Chánia zu hören. Die Andarten nahmen an, dass es sich um eine Übung der Deutschen handelte und beruhigten die Einheimischen. Doch die Besatzer kamen mithilfe von griechischen Kollaborateuren nach Drákeia in der Absicht, sich für den Andartenangriff zu rächen. Von drei verschiedenen Richtungen kamen sie in das Dorf. Alle Männer auf den Straßen wurden festgenommen. Die festgenommenen Zivilisten wurden zuerst in den Kafenia am unteren Dorfplatz, später im zentralen Kafenion von Drákeia festgehalten. Die SS-Soldaten drangen in die Häuser ein und nahmen die Männer fest. Selbst 15jährige Jugendliche wurden verhaftet, ebenso Händler, die ins Dorf kamen, um ihre Waren zu verkaufen. Die ganze Nacht über wurden die Gefangenen festgehalten; die Deutschen hatten Maschinengewehre auf den Tischen aufgestellt, um jeden Fluchtversuch zu verhindern. Am 18. Dezember schickten die Besatzer die minderjährigen Einwohner zurück in ihre Häuser. Danach führten sie die Männer in Fünfergruppen zum Fluss, die SS-Soldaten stellten sich hinter sie und töteten sie durch einen Schuss in den Hinterkopf. Anschließend waren die nächsten fünf Männer an der Reihe. Die Mordaktion dauerte bis zum Mittag. Als die Mörder abzogen, ließen sie 118 Opfer zurück, deren Blut den Fluss rot färbte. Die Frauen und Kinder sammelten danach die Leichen ein und brachten sie in den Hof der Agios-Nikólaos-Kirche.
Verantwortlich für die Hinrichtung der männlichen Bevölkerung von Drákeia war der deutsche Stadtkommandant von Vólos, Kurt Rickert, Kommandeur des SS-Panzergrenadier-Regiments 7 in der 4. SS-Polizei-Panzergrenadier-Division. Der Name des Hauptmanns, der die Aktion leitete und auch selbst geschossen haben soll, wird in griechischen Quellen mit dem Namen „Σμά-Κουχ“ (also wohl Schma-Kuch) angegeben. Nach Aussagen deutscher Soldaten, die nach der Befreiung Griechenlands im Kriegsgefangenenlager in Lárisa interniert waren, soll Schma-Kuch zwei Soldaten, die sich geweigert hatten, in Drákeia auf Zivilisten zu schießen, vor das Militärgericht gebracht haben.
2013, am 70. Jahrestag des Kriegsverbrechens wurde in Drákeia für die hingerichteten Zivilisten der Gedenkort „Drákeia 18.12.1943“ eingeweiht.

 

Drakeia Pilion 0002
Das Dorf Drákeia im Pílion

Eine zweite Tragödie erlitt Drákeia im Jahr 1955, als bei einem Erdbeben ganze Wohnviertel dem Erdboden gleichgemacht wurden und die meisten der schönen Herrenhäuser zerstört wurden.